Ein Pionier ist aus einem robusten Holz geschnitzt. Raue Winde fürchtet er nicht, denn im Kern treibt ihn der starke Glaube an seine Bestimmung immer weiter voran. Er gibt anderen Halt und doch trägt ihn der Wind mühelos von Ort zu Ort. Sein innerer Kompass zeigt stets auf das Unbekannte und das Unentdeckte.
Wer in der Brise segeln will, weiß nie genau, wo er landet. Die Welt außerhalb des Bienenstocks ist ein duftendes Paradies, aber auch eine Arena der Gefahren. Eine Biene weiß das genau.
Ganz Sithonia steht ihr offen, doch diese Biene steuert direkt auf die Frühstücksterrasse zu. Hier gibt es genügend Auswahl, denn die Terrasse ist groß und sie selbst ja nur sehr klein. Schließlich entscheidet sie sich für den voll beladenen Tisch eines Zeitungslesers. Für sie und den einsamen Herrn, der bereits Platz genommen hatte, wird es allemal reichen.
Landeanflug.
Im Danai bieten wir unseren Gästen organisierte Ausflüge zu den Bienenvölkern mit Honig-Verkostung an. Diese Biene dreht heute den Spieß um.
Ihr Zuhause befindet sich irgendwo im Zentrum eines steinigen Labyrinths inmitten der Pinienwälder. Ein hiesiger Imker führt uns durch die unzähligen Irrwege des Areals, dessen Wege von abertausenden kunterbunten Bienenkästen gesäumt sind. Hier leben 85.000 Bienenvölker, die knapp 32% der Honigproduktion Griechenlands ausmachen. Überall summt es und die Luft riecht nach zuckrigem Honig. Die Biene findet später mühelos den Weg nach Hause, sie hat sich noch nie in der Tür geirrt.
Die Bienen Sithonias produzieren nicht nur Honig, sondern auch Pollen, Propolis und Gelee Royale, alle sogenannte “Superfoods“ der gesunden Ernährung
Im Marmeladenglas des Zeitungslesers sucht sie nach einer neuen Nahrungsquelle.
Um Pionier zu werden, muss man mindestens 22 Tage alt sein. Nicht alle umher schwirrenden “Außendienstlerinnen“ sind Pioniere, die meisten sind “Sammlerinnen“ und gerade auf einer der täglich 300 Blumenbesuche. Den Sammlerinnen wird sie später berichten, ob sich ein Besuch im Danai auch lohnt. Im Dienste der Krone hat man einige Beförderungen hinter sich, aber jede Tätigkeit dient heroisch dem Wohle des Volkes. Vor einigen Tagen, als sie noch ein junger Hüpfer war, begann ihre Karriere im “Innendienst“. Hier gehörte sie mal zur Garde, die den Eingang patrouilliert und mal zur Futterverwaltungsbehörde. Die Bewährungsprobe ist das Brutnest im Inneren des Bienenstocks, das einem Schiffsrumpf ähnelt. Zahllose “Heizerinnen“ fungieren als lebende Dampfkessel: durch das Schlagen ihrer Flügelchen produzieren sie eine konstante Temperatur. 35 Grad Celsius zeigt die Nadel. Nach kaum 30 Minuten sind die Heizerinnen am Ende ihrer Kräfte. Ein Trupp “Sanitäterbienen“ eilt zur Hilfe: dank Mund- zu-Mund Honig-Verkostung kehren die Lebensgeister der Erschöpften zurück.
Es gibt keine Zeit zu verlieren, der Betrieb muss rund um die Uhr laufen, 40.000 Untertanen Tag und Nacht funktionieren, keiner darf aus der Reihe tanzen…
Eine einzelne Biene müsste für ein Glas Honig knapp 3 Mal um die Erde fliegen
Am Frühstückstisch stört sich der Zeitungsleser nicht an der Biene. Den Sammlerinnen wird sie später erzählen, dass sich ein Besuch im Danai durchaus lohnt: Geschmacklich sehr zu empfehlen. Aber besonders die Gesellschaft hatte es ihr angetan – es geht eben nichts über ein Frühstück zu zweit mit Jemandem, der gerne teilt. Wie sie selbst eben auch.